von Theresa Mett
Es ist 6 Uhr morgens. Mein Wecker klingelt und ich frage mich: ‘Nennt sich das erholsamer Urlaub?’ Mühsam quäle ich mich aus den Federn, obwohl ich am liebsten noch zwei Stunden länger geschlafen hätte. Warum müssen die Ausritte nur immer so früh morgens sein? (Ich weiß, wegen der Hitze). So ziehe ich meine Reitklamotten an, stärke mich noch ein wenig mit einem Gang zum Kühlschrank und schleiche aus der Blockhütte, denn meine glücklichen Eltern müssen ja so früh noch nicht aufstehen.
Die frische Morgenluft weckt so langsam meine Lebensgeister. Die Sonne scheint schon, und es ist kein Wölkchen am Himmel. Ich laufe am Hotel ‘Taborhof’ vorbei, wo alles noch im Tiefschlaf zu liegen scheint. Als ich am miklschen Pferdestall ankomme, treffe ich auch meine Mitreiterinnen für diesen Morgen, die zum Glück ähnlich ‘fit’ aussehen wie ich.
Bingo begrüßt mich mit einem Schnauben und erinnert mich daran, dass er vor dem Reiten noch geputzt werden will. Ich schnappe mir einen Striegel und einen Hufkratzer und mache mich an die Arbeit. Da betritt der Chef (Hansi) den Stall und wünscht uns einen guten Morgen. Er scheint zum Glück auch nicht viel wacher zu sein als wir, was sich auch daran zeigt, dass er gleich wieder verschwindet, weil er vergessen hat, das Abendprogramm für die Gäste an die Haustafel zu schreiben.
Wir beginnen derweil unsere Pferde zu satteln und zu trensen. Als wir damit fertig sind, ist Hansi auch zurück und will uns beim Nachgurten helfen, was aber gar nicht nötig ist. (Hansis allmorgendlicher Kommentar: ‘Ich wußte gar nicht, dass Mädchen so stark sind.’ – Was hat der denn für eine altmodische Vorstellung von Mädchen?!?!??) Schnell trenst Hansi noch seinen Santo (mit Sattel reiten ist gegen seine Natur und aus seiner Sicht völlig uncool) und wir steigen vor dem Stall auf. Hansi reitet mit Santo vorne, dahinter Lenzo, Bingo und Minka.
Inzwischen ist auch die letzte Müdigkeit verflogen und wir freuen uns auf den Ausritt. Im Wald begegnen uns ein paar Rehe, die erschrocken davon laufen, als sie uns sehen (ob wir uns da jetzt wohl was bei denken müssen???) An einer Weggabelung reiten wir rechts, um Soraya und die Rinder auf der Polanawiese zu besuchen. Soraya kommt auf Hansis Ruf hin auch sofort in wildem Galopp angaloppiert und wiehert uns entgegen. Als die Pferde sich ausreichend beschnuppert haben, reiten wir weiter. Hansi füttert Santo gelegentlich mit Zweigen, die er während des Rittes immer wieder von den Bäumen abreißt und in den Hosentaschen zur Verfütterung ‘zwischenlagert’. Die Reiterin auf Minka singt vor sich hin und ich mache die Feststellung, dass ich für so einen schönen Ritt sogar um 5 Uhr morgens aufstehen würde!
Wir reiten noch eine Weile schweigend ins Tal bis wir auf die Straße treffen, die zum Pfadfinderlager führt. Die Pferde werden langsam unruhig, Lenzo will steigen und Hansi dreht sich mit Santo in kleinen Kreisen um sich selbst, während er versucht uns zu erklären, dass dies jetzt die lange Galoppstrecke sei, von der er uns schon erzählt hat. Auf Hansis Startsignal hin geht’s los! Santo prescht dicht gefolgt von Lenzo im Jagdgalopp davon. Bingo buckelt einmal vergnügt (ich kann mich zum Glück noch rechtzeitig festhalten) und wir beide rasen hinterher. An einer Kurve will Bingo eine Abkürzung über die Wiese nehmen, doch ich überrede ihn erfolgreich auf dem Weg zu bleiben. Santo und Lenzo sind aufgrund ihrer längeren Beine schon lange aus unserem Blickfeld verschwunden. Bingo fällt in einen schnellen Trab, doch ich treibe ihn erneut zum Galopp, da man sich ja nicht gerne von der eigenen Mutter (Minka), die hinter uns reitet, überholen lässt. In langsamem Galopp erreichen wir das Pfadfinderlager, wo uns die anderen schon erwarten.
Im Schritt reiten wir am Lager vorbei. Aus manchen Zelten kommen Leute im Schlafanzug herausgekrochen, und rufen ganz entzückt: “Pferde!!!!”, als hätten sie nie zuvor reitende Menschen mit Pferden gesehen.
Nachdem unsere Pferde sich im Schritt erholt haben, beginnen wir den Anstieg im Galopp. Dieses Mal allerdings wesentlich ruhiger, als beim letzten Galopp: Bingo buckelt nicht, Lenzo ist ruhiger und Santo spielt kein Karussell mehr…
Oben angekommen führt uns der Weg noch lange durch den Wald; die Pferde schnauben und wir genießen den Ritt. Nach vielen Abbiegungen und Wegkreuzungen (ich frage mich, wie Hansi sich da zurechtfindet) galoppieren wir noch mal an. Der Weg geht etwas bergauf durch einen dichten Tannenwald, wo man aufpassen muss, dass man nicht von einem tiefhängenden Ast erschlagen wird, oder, dass man das Pferd nicht richtig lenkt und mit einem Bein an einem Baum hängen bleibt.
Doch direkt danach folgt die Krönung dieses schönen Ritts: Wir galoppieren über eine große, grüne Wiese. Zu unserer Linken der von der Sonne angestrahlte Mittagskogel, zu unserer Rechten endlose Wiesen, über uns der strahlend blaue Himmel und unter uns die vor Freude buckelnden Pferde (oder eher: der buckelnde Bingo).
Allein für diesen traumhaften Anblick lohnt es sich 1000mal, soooo früh aufzustehen!!!!
Das letzte Stück bis zum Stall reiten wir im Schritt, damit die Pferde noch etwas verschnaufen können.
Auf dem Hof angekommen, hat dort inzwischen das Leben richtig begonnen. Nasti und Mariano begrüßen Hansi, ein paar Gäste kommen uns entgegen und fragen uns wie’s war. Super natürlich!!!!!!
Wir bringen die Pferde in die Boxen, wo sie von Hansi ihren verdienten Hafer bekommen. Ich verabschiede mich mit einem Leckerli von Bingo, (das er aufgrund des Hafers aber gar nicht zu würdigen weiß) und gehe in die Küche, um frische Brötchen zu holen. Ich hoffe, dass meine Eltern das Frühstück fertig haben und stelle zufrieden fest, dass ich doch eindeutig im URLAUB bin…