von Paulina Bösch
Wir fuhren los, noch ca. 1130km, das war es was ich mir immer dachte. Und da war noch etwas, ein Hintergedanke daran, dass wir dieses Jahr hoffentlich eine Bergtour machen, damit auch ich das einmal miterleben darf. Die Schlafsäcke waren gut verstaut im Dachkoffer.
Eineinhalb Wochen schöner Urlaub mit der Frage, klappt die Bergtour?
Denn bis dahin war das Wetter noch nicht so geeignet dafür. Doch dann erzählte Hansi, dass wir die Bergtour nun doch noch kurz vor Abreise machen können, und zwar auf den Mallestiger Mittagskogel. Ich schaute mir oft diesen Berg an und fragte mich, wo man dort oben bitte schlafen sollte. Denn das sah alles ziemlich kantig aus. Am Mittwoch, den 3.8.16 fuhren wir dann um 16:30 los bis zum Baumgartnerhof, wo unsere Tour starten sollte. Aus einer erwarteten großen Gruppe, blieben dann am Ende doch nur Hansi, Luca, mein Papa(Volker), meine Mama(Sonja), meine Schwester(”Die große Sophie”) und natürlich ich(Paule) übrig.
Wir zogen unsere Schuhe an, schnürten unsere Rucksäcke fest und waren bereit. Ich spürte schon jetzt die Hitze in mir aufsteigen, als wenn in mir ein Feuer der Motivation ausgebrochen wäre. Doch mit den ersten paar Schritten schwand dieser Gedanke auch schnell. Denn nun spürte ich meine Gelenke, wie der Schmerz schon bei der ersten Steigung voller Geröll langsam meinen Körper eroberte. Die Augen zugekniffen, wegen der prallen Sonne, wanderten wir also im Entengang den Weg entlang. Der nächste Anstieg bestand aus einem schmalen Slalomweg aus Treppen von Wurzeln, die anderen schon weit vor mir. Ich sah sie mit Leichtigkeit diesen Weg meistern und fragte mich immer wieder, warum ich eigentlich die Einzige war die so langsam voran kam. Mal rechts, mal links. Abgrund aus Bäumen und Laub. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht klar, dass der Begriff ”Abgrund” für mich heute noch eine ganz andere Bedeutung bekommen würde. Ab da waren wir die meiste Zeit unter Bäumen, weshalb die Sonne uns auch keine Probleme mehr machte. Wir machten eine kurze Pause, wo ich nun merkte, wie mir der Schweiß schon jetzt die Stirn und den Rücken hinab floss. Doch weil ich so langsam war, ging es auch eigentlich direkt schon weiter, als ich zu den anderen aufschloss. Weiter ging es auf dem nächsten Slalomweg, der nun aber meist von Gestrüpp gesäumt war. Hier und da ein Schmetterling, eine Hummel, Ameisen so weit das Auge reichte und auch eine Schlange war dabei. Ab und zu schlich sich die Sonne einen Weg durch die Bäume und strahlte die Blumen noch einmal wunderschön an. Genau diese Dinge waren es die mich irgendwie anspornten, um motiviert weiter zu machen. Ohne zu denken, dass ich ja das langsame Schlusslicht war. Außer die Ameisen, die haben definitiv das Gegenteil erzeugt, denn diese Tiere sind ekliger als manch eine Schnecke. Klein und eklig krabbeln sie überall rein, ohne das du es merkst und erschrecken dich zu Tode, wenn sie plötzlich auf deinem T-Shirt krabbeln. Ich spürte nun auch meine Schultern und meinen Rücken, wie es auch dort anfing zu ziehen durch das Gewicht des Rucksacks. Dann kam meine Mama auf eine super Idee. Wir fragten Luca, ob er mir nicht etwas abnehmen könnte. Was er natürlich zu meiner Erleichterung sofort tat. Er war sowieso derjenige bei dem wir uns alle fragten, wo er bitte all seine Sachen verstaut hatte oder ob er nicht irgendwas vergessen hatte. Denn im Gegensatz zu unseren Rucksäcken, war seiner winzig und vor allem nicht randvoll, wenn da dann sogar noch mein Schlafsack mit hinein gepasst hat. Es ging also weiter mit weniger Gewicht auf dem Rücken. Was ich allerdings nicht wirklich gespürt habe. Eine Wasserquelle, um die Flaschen aufzufüllen und sich einmal das kalte Wasser über Gesicht und Arme laufen zu lassen, um diese ein wenig abzukühlen, kam gerade rechtzeitig. Das Wasser erzeugte ein wunderschönes Geräusch und wenn man die Augen schloss hat man für einen kurzen Moment alles andere um sich herum vergessen. Nach ca. eineinhalb Stunden hatten wir die Mitzl-Moitzl-Hütte erreicht und konnten uns endlich mal ein wenig ausruhen und etwas essen. Ein paar Bilder hier, ein paar Bilder da, die Aussicht auf den Faaker See genießen – und weiter.
Als uns plötzlich ein paar Biker von oben entgegen kamen waren wir alle sehr überrascht. Denn der Weg war alles andere als geeignet, um da mit dem Fahrrad hinunter zu preschen. Doch diese beiden hatten anscheinend genug Mumm ein starkes Gefälle voller Geröll hinunter zu rasen. Der Aufstieg war hart. Andauernd rutschten einem die Steine unter den Füßen weg und ich hielt mich mit den Händen am Boden fest. Dann sah ich den Abgrund, rechts hinunter und ich wäre in Null Komma Nichts wieder unten. Dort gingen wir noch ein wenig auf und ab am Grad entlang, Links Slowenien, Bäume und man hörte die eine oder andere Kuhglocke läuten. Rechts Österreich, der Abgrund und der perfekte Blick auf den See und auf Villach. Nun waren wir oben, nach gerade mal zwei Stunden und fünfzehn Minuten. Wir suchten uns einen Platz zum Schlafen und richteten uns ein. Alle schon fertig, war ich natürlich diejenige, die immer noch auf der Suche nach dem perfekten Schlafplatz war. Was allerdings auch nicht so lange dauerte, denn ich stellte fest, dass es halt überall verdammt ungemütlich war. Ich entschied mich letztendlich doch für einen Platz neben Sophie. Mama und Papa hatten sich ebenfalls zusammen eingerichtet und Hansi und Luca hatten sich auch einen schönen Platz ausgesucht. Im Nachhinein denke ich mir, dass Hansi eindeutig am Gemütlichsten geschlafen hat, denn er hatte so einen schönen Muldenplatz. Wir machten noch einen kurzen Ausflug zum Gipfelkreuz, auf welches Hansi natürlich direkt nochmal hinauf klettern musste, da ihm anscheinend der Gipfel selbst noch nicht hoch genug war. Es entstanden noch einmal ein paar schöne Bilder von Villach und dem See.
Dort oben war es kalt und windig, was mich ein wenig an Norddeutschland erinnerte. Wir gingen schnell zurück, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Man ließ noch einmal alles Revue passieren und die letzten Sonnenstrahlen auf der Haut wirken. Dann wurde es auch schlagartig noch kälter und wir entschieden uns einfach ein Lagerfeuer zu machen. Es brannte wunderschön. Wir setzten uns alle rundherum und man spürte sofort, wie einem wärmer wurde. Den ganzen Tag auf Kälte gehofft und dann ein Feuer machen weil man fror. Wir Mädels ließen unsere verschwitzen T-Shirts am Feuer trocknen und schlugen um uns, um fliegende Funken zu löschen. Man hörte die Flugzeuge hier oben viel lauter und man könnte fast sagen, dass sie die Idylle störten. Trotz des Feuers konnte man die Sterne gut erkennen und vor allem die Milchstraße war sehr deutlich zu sehen. Um ca. elf Uhr legten wir uns zum Schlafen, nachdem wir noch einmal ein paar Bilder von Villach bei Nacht gemacht hatten und wir Lichtzeichen mit Mattis und Nathan austauschten, die beide auf dem Hof geblieben waren.
Bis ich einschlief dauerte lange. Das Feuer glühte nur noch ganz leicht als ich das letzte mal hinüber schaute. Mir war kalt, trotz fettem Pullover und Mütze. Ich sah zum ersten Mal in meinem Leben eine Sternschnuppe und nicht nur eine, sondern sehr viele. Irgendwann hörte ich auf zu zählen ich wachte sehr oft auf und wollte mich umdrehen, doch der Schlafsack war total nass, der Boden hart und ich bekam Platzangst in dem Teil. Ab vier Uhr dreißig schlief ich gar nicht mehr und setzte mich auf. Ich sah wie alle noch friedlich schliefen, dick eingepackt, außer Luca, der hatte nur eine kurze Hose an und einen Schlafsack, der nur aus ein bisschen Stoff bestand. Ich fragte mich wie er das bitte aushielt. Ich starb fast und er schien friedlich zu schlafen. Ich beobachtete wie sich der Himmel hinter den Bergen langsam orange-rot färbte. Gegen kurz nach fünf wachten dann auch die Anderen auf. Dann ging alles ganz schnell. Wir machten uns fertig und packten die Sachen zusammen um den Sonnenaufgang zu beobachten. Auf einem kleinen Hügel, ein Stück weiter vorn, konnte man alles perfekt verfolgen. Es war herrlich und es hatte sich wirklich gelohnt. Von hier oben hatte man nochmal eine ganz andere Einstellung zu diesem Berg. Denn wenn man so in den Abgrund hinab schaute wirkte alles noch viel respekteinflößender als von unten.
Der Abstieg ging schnell. Die meiste Zeit waren Luca und Hansi nur zwei Punkte weit unten, denn sie haben es vorgezogen, auf dem Geröll hinunter zu sprinten. Alles zog, meine Gelenke streikten und ich war komplett k.o.. Die Steine unter den Füßen rutschten beim Abstieg noch schneller als beim Hochgehen und ich rechnete damit, dass ich jeden Moment hin fliegen würde. Ich blieb mit Papa weiter hinten, um entspannter hinunter zu gehen, was bei diesem Abstieg aber recht schlecht ging. Denn die Erdanziehung ,beschleunigt mein Tempo automatisch. Die Bäume vor mir waren jedes Mal eine Rettung, wenn ich mich gegen sie fallen ließ, um nicht zu stürzen. Auf dem gesamten Weg kamen uns nur vier Wanderer entgegen. Mama und Sophie verpassten irgendwann mal eine Abzweigung aber stießen auch schon kurze Zeit später wieder zu uns. Jetzt war es nicht mehr weit, der Wegweiser zeigte 40 min., doch wir machten kurzer Hand 15 daraus. Nach ca. einer Stunde zwanzig waren wir am Ziel. Nur Mama riss es auf den letzten Metern dann doch noch zu Boden. Ich zog meinen Rucksack runter und meine Schuhe aus, ich brauchte Luft. Nach 14 Stunden war unsere Bergtour also zu Ende.
Es war eine einmalige Sache, da bin ich mir irgendwie sicher. Aber egal wie anstrengend es auch gewesen ist, es war wunderschön neue Erfahrungen zu sammeln und an seine Grenzen zu kommen. Der Ausblick hat alles entschädigt. Ich bin stolz auf uns und vor allem auf mich, dass ich es trotz meiner Schmerzen durchgezogen habe. Ich möchte Euch danken, dass Ihr an mich geglaubt habt, vor allem Hansi, denn ohne ihn hätte ich das niemals erlebt.
DANKE Und an Alle die überlegen an so einer Tour teilzunehmen: Schnappt Euren Schlafsack, packt warme Sachen ein und zieht das Ding durch. Es ist anstrengend, aber niemand von Euch wird es je bereuen.