von Thorsten Bruhns
Das Kraxeln liegt mir nun mal im Blut.
Schon vor meiner Geburt zogen mich die Berge gerade zu magisch an und vielleicht ist genau das der Grund warum ich letztendlich das Licht der Welt in der Norddeutschen Tiefebene erblicken durfte.
Und wenn es eine Region gibt die für ihre alpinen Herausforderungen bekannt ist, dann ist es ja diese.
Dieser Schicksalsschlag gab mir aber auch die Möglichkeit 35 Jahre Bewegungsenergie anzustauen, die ich, wie sich später zeigen sollte, dringend benötigte und auch restlos verbrauchte.
Eigentlich begann alles am 24.05.03 um ca.21.00 als wir in Hamburg unser Auto bestiegen um es gute 12 Stunden und 1127,3 Km später mit erreichen des ersten Basislagers, nennen wir es einfach ” Mikl Hof “, wieder zu verlassen.
Ach ja, für die Statistik, die ersten 600 Hm hätten wir damit schon geschafft, wenn auch nicht durch eigene Kraft.
Der Empfang durch die hier einheimische Bevölkerung, nennen wir sie einfach mal Familie Mikl, war freundlich, herzlich, ja ich möchte schon fast von einem vertrauten Umgang
miteinander sprechen (was bestimmt nicht nur daran liegt, dass dies mein dritter Urlaub hier ist).
Die nun folgenden 5 Tage nutzten wir um uns an das hier herrschende Klima zu gewöhnen, die Ausrüstung zu vervollständigen ( Schlafsack & Schuhe vom Hofer ) und diese ausgiebig auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen.
Die Überprüfung erfolgte in Form einer Begehung der Tscheppaschlucht, der “Route” Badestrand / Basislager (2x) und einer Übernachtung auf dem Balkon unseres Basislagers. Vielleicht sollte man an dieser Stelle noch erwähnen, daß man von hier eine wirklich schöne Aussicht auf die Karawanken und damit auch auf unsere Tour hat.
30.05.03 um 16.30 Ortszeit Der Berg ruft ! !
Wir, das sind Norbert aus Unna, unser einheimischer Bergführer, nennen wir in einfach mal Hansi und ich, haben uns am Fuße des Mallestiger Mittagskogel an der Baumgartner Höhe (900 Hm) absetzen lassen. Nur für die Statistik, wieder 300 Hm ohne die eigenen Füße zu bemühen, so könnte es weiter gehen, tat es aber nicht.
Diese Erkenntnis setzte schlagartig ein als ich den nun vor uns liegenden Weg erblickte und zum ersten mal dachte ich: Flach sieht aber anders aus .
Nun ging es erst einmal ein Stückchen bergauf, bis zu unser ersten Rast an den Wasserfällen. Nur für die Statistik, die ersten 350 echten Hm.
Die Rast kammt gerade passend, ein Schritt weiter und ich hätte heraus gefunden ob nun die rechte oder linke Wade zuerst platzt. Als Belohnung hat man von diesem Platz aus einen tollen Blick auf einen Wasserfall mit Stufen, außerdem gibt es eine Bank + Tisch, die sich in eine Pause hervorragend einbeziehen lassen.
Das letzte Stück bis zum Basislager II ” Mitzel-Moitzel-Hütte” ließ mich meinen ersten Gedanken wieder aufgreifen. Auf ca. 1400 Meter Höhe gibt’s eine Quelle, die von uns zum auffüllen der Trinkwasserreserven genutzt wurde. Schließlich hatten wir noch eine Nacht im Basislager II und den größten Teil der Strecke vor uns.
Rund zwei Stunden nach dem Start standen wir nun in 1639 Metern Höhe in der Hütte. Schnell ist das Nachtlager hergerichtet und Kleinigkeit vom Proviant verzehrt, schließlich wollten wir heute noch auf unseren ersten Gipfel, den Mallestiger Mittagskogel .
20.00. Dieser Tag wird Geschichte schreiben und wenn ich selber dafür sorgen muß: Griaß di Mallestiger Mittagskogel, unglaubliche 1801 Meter. 900 Hm in geschätzten 3 Stunden (hatte keine Uhr dabei und selbst wenn, das ablesen wäre sicherlich nicht möglich gewesen, da mein Kopf genug mit dem Koordinieren der lebenserhaltenden Maßnamen zu tun hatte.
Zurück an der Hütte.
1639 Meter, unter dir die beleuchtete Stadt + Umland, ein Bild, das ich ganz ehrlich nie vergessen werde.
Den Tag haben wir mit einem Lagerfeuer und so manchem Lacher ausklingen lassen. Es war halt nicht nur anstrengend, Zeit und Luft für den einen oder anderen Spruch / Bemerkung war immer übrig.
Auch die Nacht wird mir in guter Erinnerung bleiben, als ob der im wahrsten Sinne des Wortes brettharte Fußboden nicht genug wäre, schlief Norbert in Rekord verdächtiger Zeit ein und begann sofort zu schnarchen, als ob er uns die Hütte unter dem Hintern weg sägen wollte.
Am 31.05 sind wir um 7.45 in Richtung Mittagskogel aufgebrochen, man wandert förmlich über den Schwarzkogel zum Kleinen Mittagskogel, eine Strecke die landschaftlich wunderschön ist und bis auf eine, ich schreib mal einfach “nette” Steigung (ca.200 Hm, die mir mal wieder gezeigt haben, wie angenehm flach doch Hamburg ist) wirklich gut zu gehen ist.
Es ist auch ein Abschnitt der in der Vorwärtsbewegung mehrere Dinge gleichzeitig zu läßt. Z. B. ruhig atmen, die einmalige Natur genießen, evtl. einen kleinen Snack / Schluck zu sich nehmen und wenn’s sein muß könnte man hier Boden / Zeit gut machen (aber nur wenn man wirklich muß). Ich würde auf die Natur gerne näher eingehen, aber es ist schwer Wörter zu finden, um z B. einzelne Felsen, Bäume oder Wegabschnitte, die an Märchen erinnern zu beschreiben. Es gibt Passagen mit Wald, mit Wiesen und auch schon kleineren Klettereinlagen. Hier zählt wirklich nur der Olympische Gedanke : Muß man mal gemacht haben ! !
Kommen wir nun zu dem für mich wohl unangenehmsten Teil unseren “Reise”.
Zu dem Unangenehmen muß ich fairer Weise vorausschicken, daß ich mich als ungeübter Großstädter zu diesem Zeitpunkt bereits stolzer Besitzer dreier Blasen nennen durfte, aber trotzdem halte ich es für überflüssig näher darauf einzugehen, wie sehr diese kleinen aber doch lästigen Dinger den Tragekomfort von Schuhen verändern.
Also, es ging den Kleinen Mittagskogel hoch und so langsam keimte in mir der Verdacht, daß es mal wieder bergauf geht, naja was soll’s, wahrscheinlich geht es einfach nicht anders, wenn man zum Gipfel will.
Allerdings kann ich über diesen Teil nicht wirklich detailliert berichten, den der Anstieg hatte es in sich und zeigte mir, Dank der Kombination aus Steigung, teilweise losem Untergrund, Blasen, schwindender Kondition und den zusätzlichen erhöhten Bedarf an Konzentration, daß es für mich langsam an meine Grenze ging. (Wäre mir am Strand / Balkon wohl nicht passiert).
Trotzdem kann ich hier mit guten Gewissen schreiben, daß niemals ein Gefühl von Unsicherheit oder sogar Angst aufgekommen ist.
Ca. 200 Meter unter dem Gipfel, wurde ich durch die Begegnung und das aufmunternde Wort “brotsche” oder so ähnlich, einer slowenischen Wanderin förmlich gezwungen, die letzten Reserven nicht nur zu mobilisieren, sondern sie auch auf den Berg loszulassen. Ich bedankte mich für dieses “Anschieben” mit den Worten ” nö aus Hamburg”. Wie ich mit erreichen des Gipfels von Hansi erfuhr, bedeutete “brotsche” soviel wie heiß und war als Frage gedacht.
12.00 und 2.145 Hm, Ende der Fahnenstange. Das ist also der Mittagskogel.
Wie soll man das beschreiben, ich meine wenn du es dann wirklich geschafft hast. Du stehst oben drauf, kannst um jede Ecke gucken die du findest, aber es geht tatsächlich nicht mehr weiter und du kannst auf einen großen Teil der Route zurückschauen.
Genieße du hast es dir verdient.
Zum Abstieg kann man nur so viel schreiben, es ist erstaunlich, wie lange man bergab gehen kann ohne das man unten ankommt!
Abschließend möchte ich mich bei meinen Weggefährten Hansi und Norbert für dieses einmalige Erlebnis bedanken. Die Blasen und der Muskelkater werden irgendwann hoffentlich wieder vergehen. Die Fotos(warum habe ich eigentlich die Kamera mitgenommen, wenn die Reservefilme bereits voll waren?!?!) und die Erinnerung aber nie.