Mentos – Michel aus Lönneberga auf vier Beinen

von Ronja Krug, August 2017

Mentos auf Umwegen, Mentos auf Abwegen; Mentos der Sympathieträger; Mentos – (fast) allein unter Arabern; ein Pferd, das man am liebsten einpacken und Zuhause aufs Sofa setzen würde; Mentos –ein richtiger Mikl …mir wären diverse Titel für den Bericht über meinen Lieblingshaflinger eingefallen. Warum ich gerade Astrid Lindgrens Buchfigur als Vergleich herangezogen habe?
Jeder der die Geschichten um den schwedischen Jungen kennt, weiß, was ich meine. Sie sind frech, aufgeweckt, für jeden Unsinn zu haben und allseits beliebt. Doch nicht nur im Wesen ähneln sich Pferd und Kinderbuchheld, beide haben einen wuscheligen Blondschopf.
An unsere erste Begegnung an Ostern 2013 erinnere ich mich noch gut…

Mit dickem Winterpelz (Ostern lag früh im Jahr – Ende März), Eiszapfen in der lockigen Mähne und Schneeresten auf der Kruppe stand er neben seinem Kumpel Messi auf der Polana und malmte genüsslich einen Heuhalm nach dem anderen. Schon da (fast noch als Fohlen) habe ich ihn direkt ins Herz geschlossen, kam er doch sofort angestapft, um die Unbekannte am Koppelzaun genauestens unter die Lupe zu nehmen. Ich glaube, von diesem Tag stammen die Löcher im Ärmel meiner Lieblingswinterjacke. Aber kaum der Rede wert, schließlich blieben sie nicht die einzigen – ich nenne es mal vorsichtig- Mentos-Gebrauchsspuren.

Von Benimmregeln und anderem Kram
Im Jahr 2014 begann das Mentos-Ausbildungsprogramm am Boden. Dazu zählten unzählige Diskussionen über manierliches Hufegeben, Longiertraining auf der Polana und ausgiebige Erkundungsspaziergänge auf den üblichen Reitstrecken. Ob er den Sinn dahinter immer so recht nachvollziehen konnte – ich weiß es nicht. Er konnte jedenfalls nicht behaupten, nicht ausreichend auf sein späteres Reitpferdeleben vorbereitet gewesen zu sein! Und Spaß hatten wir auf jeden Fall. Besonders gern machte er sich einen Spaß daraus, sämtliche Putz-und Trainingsutensilien zu entführen und damit möglichst weit weg zu laufen. Ich könnte schwören, er lachte sich ins Fäustchen wenn wir uns, die Augen verdrehend, auf den Weg machten um sie wieder einzusammeln. Und er lernte schnell, sehr schnell. Er war immer mit Eifer bei der Sache und konnte selbst nach mehrstündigem Aufenthalt auf der Polana noch nicht genug von den Menschen bekommen. Wäre ich dort eingezogen, ich glaube ich hätte ihm noch Gute-Nacht-Geschichten vorlesen und mit ihm zusammen frühstücken können, er wäre dem nicht überdrüssig geworden. Seine einzige unkooperative Angewohnheit war, dass er, kaum hatten wir den Roundpen verlassen, sehr gerne mit der langen Leine quer über die Polana galoppierte. Ohne mich, versteht sich. Eine Lösung für das Problem fand sich aber recht schnell. Einfach schon vorher die Leine ab und so tun als gehöre das zum Plan!
Manchmal haben wir aber auch sehr unterschiedliche Auffassungen von gutem Benehmen. Zum Beispiel wenn es darum geht, ob man beim Heimreiten von der Polana einfach umdrehen und zurück galoppieren darf. Darf man nicht!!! Oder doch? Oder ob man vor lauter Ungeduld vor dem Ausritt in der Box die Trense zerstört. Durchaus diskussionswürdige Angelegenheiten…
Aber egal was passiert, man kann ihm einfach nicht lange böse sein.

Kulinarische Ausflüge mit ein bisschen Reiten
Im Frühjahr 2015 war es dann so weit: Einreiten stand auf dem Programm.
An den Sattel wurde er natürlich im Vorfeld gewöhnt und da das für ihn kein allzu großes Problem darzustellen schien, folgte bald das erste Aufsitzen. Ich stellte mich bereitwillig als Dummy zu Verfügung und machte mich auf Unruhe, Bocken oder sonstige Irritationen gefasst. Nichts dergleichen. Hatte er mich überhaupt bemerkt? Um sicherzugehen streichelte ich ihm beruhigend über den Hals. Wobei – beruhigend ist nicht ganz der richtige Ausdruck, schließlich war dieses Pferd die Ruhe selbst. Seine hauptsächliche Reaktion bestand darin, sich ab und an umzudrehen, nach dem Motto „ach, DA bist du!” „Wieso versteckst du dich denn da oben?” Alles in allem gestalteten sich die ersten Reitversuche äußerst komplikationslos. Mentos’ einzige Bedingung zum Reiten bestand recht bald darin, die Reitstunden ins Gelände zu verlagern und nicht immer dieselben öden Runden im Roundpen zu drehen. Das war schließlich viel zu langweilig. Aber auch das Ausreiten, erst geführt und später frei, meisterte er bravourös. Wie ein alter Hase trottete er bei unseren ersten richtigen Ausritten hinter den anderen her und benahm sich, als hätte er nie etwas anderes getan. Wenn es ihm zu anstrengend wurde, fing er einfach theatralisch an zu schnaufen und es wurde Rücksicht auf uns (oder eher ihn) genommen. Er hatte die Sache mit dem Energiesparen schnell raus. Manchmal war es fast so, als wären wir allein unterwegs, der Abstand zum Rest der Gruppe vergrößerte sich mit jedem Schritt, aber Mentos störte das nicht. Im Gegenteil, sobald die anderen hinter einer Kurve verschwunden waren, atmete er tief durch als würde er sagen wollen: endlich kein Stress mehr, jetzt können wir „chillen”.
Unser erster Galopp war übrigens eine sehr spontane Sache. In den leichten Sitz, ein bisschen mehr Tempo, Nase in den Wind und einfach einmal über die Polana fegen. Ich glaube so würde ich das mit kaum einem anderen Pferd machen… 😉
Als selbstbewusster junger Haflinger mit einer gehörigen Portion Abenteuerlust geht Mentos aber auch ganz gern mal seine eigenen Wege. Immer schnurgerade den ausgetretenen Wegen zu folgen wäre auch viel zu eintönig! Man muss sich eben auch mal trauen, bekannte Pfade zu verlassen, oder wie war das? Dabei setzt er seine Ideen mit viel Kreativität und starkem Willen durch. Er kann stundenlang am langen Zügel durch den Wald bummeln als könne ihn kein Wässerchen trüben. Sollte ihm aber plötzlich in den Sinn kommen, einen kleinen Galopp einzulegen, dann hat das aber bitteschön auch sofort und auf der Stelle zu passieren! Ihm sitzt der Schalk einfach im Nacken, da kann er gar nichts für. Und wenn er mal den Haflinger-Turbo anschaltet geht die Post ab! Dann können wir fast mit den Arabern mithalten (okay, nur auf Kurzstrecken, aber immerhin!). Unvergessen bleibt auch der Nachtausritt am Pfadfinderlager, bei dem wir im vollen Galopp die falsche Abzweigung genommen haben, da Mentos –ganz Haflinger- den ebenen der beiden Wege wählte statt den bergan führenden. So kam es, dass wir uns in der Hofeinfahrt eines Wohnhauses wiederfanden. Ich glaube wir haben für einen Moment beide ziemlich dumm aus der Wäsche geschaut. Dieses Missgeschick ist übrigens nicht nur einmal passiert…
Insgesamt sind es aber immer sehr entspannende Ausritte bei denen man manchmal ganz vergisst, dass man auf einem erst 5-jährigen Pferd sitzt.
Hätten wir nicht den ein oder anderen Galopp eingelegt, ich glaube die Wälder rund um Petschnitzen wären nur noch halb so dicht bewachsen. Mentos macht Fresspausen bei jeder Gelegenheit (das macht man als Haflinger übrigens so) und ist manchmal so intensiv auf der Suche nach Reiseproviant, dass er nebenbei das Laufen „vergisst”. Frei nach dem Motto „kulinarische Ausflüge mit ein bisschen Reiten”.
Als Mentos-Reiter sollte man deshalb stets bereit sein, sich unter dem ein oder anderen Ast mehr wegzuducken als es die anderen tun, tolerant gegenüber eigenwilligen Routenvorschlägen sein und eine ordentliche Portion Humor mitbringen.

Was sonst noch gesagt werden sollte…
Mentos verbreitet stets gute Laune und liebt große und kleine Menschen -man könnte auch sagen, er hat sie zum Fressen gern. Wobei man ihm zugutehalten muss, dass er seine aktive Nase schon viel besser unter Kontrolle hat.
Seiner langen, elfengleichen Mähne trauere ich heute noch hinterher, die hat er sich nämlich auf der Suche nach frischem Grün (was auch sonst) unterm Weidezaun abgeschubbelt.
Auf keinem Pferd muss ich beim Reiten öfter schmunzeln als auf Mentos (wenn er zum Beispiel ganz eifrig Äpfel vom Boden aufliest und dabei völlig ignoriert, dass die anderen schon fast im Stall sind). Aber das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss. Mentos hat dieses Prinzip jedenfalls voll verinnerlicht.
Er wird im Laufe seiner Karriere noch vielen Zweibeinern ein Stirnrunzeln und direkt danach ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Man muss ihn einfach gern haben, alles andere ist ausgeschlossen.
Momentan durchlebt er eine ausgeprägte Abneigung gegenüber steinigen Untergründen, was positiv betrachtet aber auch eine Art von Entschleunigung ist ;-).
Mentos verkörpert das Mikl’sche Prinzip von Fröhlichkeit und Eigensinn und ist schon längst nicht mehr aus der Herde wegzudenken (ein richtiger Mikl eben ;-).
Eigentlich bleibt mir nur eins zu sagen: Dieses Pferd ist genau am richtigen Platz!